Was ist eigentlich Meditation?

Meditation ist ein Zustand, der sich einstellt, wenn man mit einem offenen Fokus ganz im Jetzt ist. Es ist nichts, was du aktiv tust, denn die Idee von Meditation ist ja gerade, dass man ganz da ist, einfach ist, ohne „tun“.

Vielleicht hast du auch schon mal gedacht: „Meditation scheint ja sinnvoll zu sein, aber für mich ist das nichts. Mir fehlt einfach die Ruhe.“
Ein Gedanke aus der selben Denkschmiede: „Yoga könnte mir helfen, aber ich bin ja nicht flexibel.“

Ich weiß sogar ziemlich sicher, dass das mit der fehlenden Ruhe ein häufiges Phänomen zu sein scheint, denn so ziemlich jeder, mit dem ich über Meditation spreche, erwähnt fehlende Ruhe als Grund bisher noch nicht zu meditieren. Gleichzeitig bestätigen aber diejenigen, die sich regelmäßig Zeit für Meditation in irgendeiner Form nehmen, dass das mit der fehlenden Ruhe besser geworden ist.

Selbst ich hatte über viele Jahre eine ähnliche Einstellung. Die Motivation zur sitzenden Meditation kam bei mir erst nach sehr langer bewegter Yogapraxis – die herausfordernden Formen und die Dynamik des Ashtanga Vinyasa Yoga forderten mich vollständig in physischer und mentaler Weise. Und gerade dadurch war jede Körperposition, jeder Sonnengruß und jeder Tag auf der Matte eine Vorbereitung der sitzenden Praxis und ein Schritt, meinen Geist und seinen ununterbrochenen Gedankenfluss unter „Kontrolle“ zu bringen.

Yoga ist laut den Sutras von Patanjali das ZUR RUHE BRINGEN DER GEDANKEN IM GEIST

Aus eigenem Erleben könnte ich hinzufügen: „sich dessen bewusst werden was jenseits der Gedanken im Jetzt ist“ oder auch „so im Moment fokussiert zu sein, dass kein Gedanke und keine Unruhe mehr Platz hat“. Man findet das Auge des Orkans, bei dem Wind- bzw. Gedankenstille herrschen. Und diesen Punkt zu finden bzw. immer wieder zu finden und darin zu verweilen ist wie fast alles eine Frage der regelmäßigen Übung.

Patanjali hat uns auch 8 Glieder oder Prinzipien beschrieben, die für den Zustand des Yoga notwendig sind. Ich will heute 5 herausgreifen, um dir zu zeigen, dass du heute mit dem Meditieren anfangen kannst, einfach in dem du bewusst bist:

  • asana: deinen Körper stabil und gleichzeitig bequem halten
  • pranayama: deine Atmung und Energie gezielt regulieren
  • pratyahara: deine Körpersinne nach Innen richten
  • dharana: volle Konzentration
  • dhyana: der Zustand der Meditation

Jede Yoga-Technik macht von diesen Prinzipien in unterschiedlicher Mischung Gebrauch.

Im dynamischen Yoga z.B. arbeiten wir mit dem Körper, der synchronisiert mit einer tiefen Atmung durch eine Sequenz von Positionen fließt. Der Blick wird gezielt auf eine Stelle ausgerichtet, was unsere Körpersinne auf eine Stelle fokussiert und uns damit sehr konzentriert werden lässt. Wir arbeiten an einer Meditation in Bewegung und nutzten unseren Körper als „Meditationsobjekt“.

Aber auch außerhalb der eigentlichen Praxis kann sich spontan der Zustand der Meditation einstellen

Du bist bei einem Konzert, spürst deinen physischen Körper nach dem Hinsetzen nicht mehr, da du voll konzentriert auf das Erleben der Musik bist. Auch die Atmung passiert komplett von selbst, da deine Energie mit der Musik fließt. Du hörst auch nicht „nur“ zu, sondern erlebst die Musik jenseits dessen, was das Ohr aufnimmt und den Vibrationen, die dein Körper vernimmt. Du bist ganz im Jetzt.

Du kletterst ohne Sicherungsseil eine Felswand hoch. Dein Körper ist unter Spannung, doch so entspannt es geht. Du regulierst deine Atmung und fokussierst deine Sinne komplett auf den Schritt, der jetzt ansteht. Volle Konzentration. Du bist in bewegter Meditation.

Mit diesen Beispielen will ich das Thema Meditation erst einmal soweit öffnen, dass dir klar wird, dass du nicht in der Stille und in unbequemer Haltung sitzen musst, um deinen Geist zu trainieren und dich wieder ins JETZT zurückzuholen.

Den Gedankenstrom abschalten – aber wie?

Nun kann es dennoch schwer fallen, den automatischen Gedankenstrom im Kopf abzuschalten. Ist es doch ein Hauptmerkmal modernen Lebens und gefühlte Anforderung an uns , ständig „online“, ständig angeschlossen an den Informationsstrom der Welt zu sein.

Unser Geist wird leicht mitgerissen von äußeren Impulsen wie dem Piepen unserer Smartphones. Er muss erst trainiert werden, sich ganz nach Innen zu fokussieren.

Daher ist die erste Phase einer jeden Meditation eine sogenannte Induktionsphase.

Hierbei nehmen wir unseren Körper im Raum wahr und benutzen bestimmte Mechanismen, die Körper und Geist entspannen. Gerade für diejenigen, die gerade erst mit ihrer Meditationspraxis beginnen, ist dieser Schritt sehr wichtig und sollte ein paar Wochen lang geübt werden. Später kann diese Phase verkürzt werden, da wir lernen, schneller diesen Zustand zu erreichen.

Aber was geschieht genau in der Induktionsphase und welche Mechanismen sind hier am Werk? Und wie genau gehst du vor?

Zunächst zum Ablauf:

  1. Nimm dir Zeit und Ruhe und geh auf Nummer sicher, dass du für 10 – 20 Minuten nicht gestört wirst, damit du ganz abschalten kannst.
  2. Sitze aufrecht und bequem (was auch immer das für dich heißt) und mit geschlossenen Augen da, atme tief ein und aus und entspanne dich aktiv für einen Moment
  3. Nun konzentriere dich auf verschiedene innere Räume im Körper, z.B. den Raum im Zentrum deines Herzens oder zwischen deinen Schultern.
  4. Spüre hinein, nimm den Raum als weiten, schwarzen Raum wahr. Erfühle die Qualität dieses Raumes, die Dichte, Schwere, das Volumen… Wie fühlt sich das für dich an?
  5. Bleibe 1-3 Minuten in jedem Raum: Dem Raum im Zentrum des Kopfes, dem Raum zwischen den Schultern, dem Raum im Herzen, dem Raum entlang der gesamten Wirbelsäule, dem Raum überhalb des Beckenbodens.

Wenn du das tust, geschieht folgendes:

  • Allein dadurch, dass du dich zurückziehst, aktiv entspannst und deine Augen schließt, verringert sich die Frequenz deiner Gehirnwellen.
  • Durch die Verringerung der Gehirnwellen-Frequenzen kommst du vom eher analytischen β-Zustand (Gehirnwellenfrequenzen, die bei Denkaufgaben, Stress, u.ä. dominieren) zum eher sensorisch-fühlenden α-Zustand. Dies öffnet das Tor zum Unterbewusstsein.
  • Die Raumwahrnehmung und das Erspüren und Fühlen der Räume unterstützt diesen Prozess noch zusätzlich.
  • Das liegt daran, dass Propriozeption – d.h. die Wahrnehmung von Körperbewegung und -lage im Raum – im Kleinhirn geschieht, wo auch unser Unterbewusstsein verortet wird. Wenn du dich nun 10-20 Minuten auf die Räume in deinem Körper konzentrierst, ziehst du bewusst Energie bzw. Aufmerksamkeit ab von der sehr analytischen und gern stressauslösenden Gedankenfabrik namens Großhirn. Der sonst nicht abreisenden Flut von Gedanken wird also die Kraft genommen.
  • Durch die Konzentration auf den Körper und das Wahrnehmen von Raum und erweiterst du außerdem automatisch deinen Fokus – enger Fokus: du liest einen Text, offener Fokus: du schaust vom Berggipfel in die Weite. Dieser offene Fokus hat die wundervolle Eigenschaft, dass alle Bereiche im Gehirn sich synchronisieren und ein kohärentes Signal produzieren. Dies führt auch nach der Meditation noch zu mehr Klarheit und Konzentration – und das wirst du spüren!

Wenn du nun neugierig bist, probier es gleich aus. Die Schritte sind oben für dich erklärt.

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Tom Richter
Tom Richter

Experte in den Bereichen Ashtanga Vinyasa Yoga, Atemtechniken und Meditation. Yogalehrer, Yogalehrer-Coach